Hypnosystemische Charta

Als lebendige Landkarte der Haltungen

Dies ist eine Einladung zur **Erkundung** – kein Test, keine Checkliste. Die Charta ist kein fertiger Zustand, sondern eine **Einladung in einen Prozess**. Entdecke, wie sich die hypnosystemischen Haltungen im Fluss deines Alltags zeigen können.

Du kannst jederzeit woanders hinschauen – diese Landkarte hat keine Pflicht-Route.

Die Pfade der Haltung – Zentrale Prinzipien

Wirklichkeit wird nicht gefunden, sondern **konstruiert** – durch die Linse unserer Aufmerksamkeit, durch unsere Sprache und den Kontext. Es gibt keine „objektiven Wahrheiten“, nur **viable (passende) Konstruktionen**. Wo du hinschaust, wird zur Realität.

Achtsames Co-Kreieren: Frage dich, welche Konstruktion dir dient. Statt „Das ist so“, frage: „Welche Bedeutung gebe ich dem gerade? Welche Alternative wäre lebbarer?“ Lenke deinen Fokus bewusst auf Möglichkeiten, nicht nur auf Defizite.

Perspektivenvielfalt ehren: Anerkenne, dass die Wirklichkeit des Gegenübers ebenso gültig ist. Biete neue sprachliche Rahmen, Metaphern oder Kontexte an, um die Co-Konstruktion zu erweitern – ohne die alte Sicht abzuwerten.

Menschen und Systeme organisieren sich selbst (Autopoiese). Muster und sogar „Symptome“ sind oft **intelligente Lösungsversuche** in einem schwierigen Kontext – auch wenn sie heute einen hohen Preis haben. Die Lösung steckt im System selbst.

Wohlwollende Würdigung: Nimm die wohlwollende Sicht auf deine eigenen „Fehler“ ein. Welcher gute Grund liegt hinter diesem Muster? Was hat es einmal geschützt oder ermöglicht? Statt Kontrolle: Impulse anbieten und Vertrauen in die eigene Entwicklung haben.

Ehrfurcht vor Komplexität: Sieh hinter das offenkundige Problem. Biete nur den Rahmen, die Information oder den Impuls an. Vermeide es, die Lösung „von oben“ zu diktieren. **Vorschussvertrauen** in die Selbstorganisationskraft ist der Schlüssel.

Der Mensch ist zutiefst autonom und gleichzeitig zutiefst verbunden. Es geht um **Beziehung auf Augenhöhe & Herzhöhe**. Wir würdigen die „guten Gründe“ des Gegenübers und sehen keine Defizite, sondern ungenutzte **Ressourcen**.

Grenzen und Kontakt: Spüre die Balance zwischen deiner Autonomie (Was brauche ich?) und deiner Verbundenheit (Was gebe ich in die Beziehung?). Stimmigkeit ist das, was sich im Inneren stimmig anfühlt, während es im Außen Kontakt hält.

Dialog und Ko-Kreation: Vermeide die Haltung des „Besserwissers“. Trete in einen echten Dialog ein, um gemeinsam Neues zu schaffen. Die besten Lösungen entstehen nicht im Oben/Unten, sondern im Nebeneinander.

Unwillkürliche Prozesse (Trance-Momente, innere Bilder, **innere Anteile**) sind wertvolle Informations- und **Ressourcenquellen**, nicht Störfaktoren. Wir arbeiten mit dem Unbewussten, nicht dagegen, und nutzen Metaphern und Geschichten als Brücken.

Würdigung innerer Landschaften: Lausche deinen inneren Stimmen und Bildern. Gib den verschiedenen Anteilen in dir einen würdigen Platz. Anstatt etwas „wegmachen“ zu wollen, frage: Was will dieser Anteil gerade schützen oder mitteilen?

Metaphern-Detektiv: Nimm die Sprache, die Bilder, die Stimmung deines Gegenübers auf und nutze sie (**Utilisation**). Sprich in Bildern, um das Unbewusste zu erreichen. Ein gutes Bild ist oft wirksamer als tausend Erklärungen.

Die **Beobachter:innen sind immer Teil des Systems**, das sie beobachten. Jede Haltung, jede Intervention geschieht in einem Kontext und hat Folgen. Es geht um **Viabilität** (Passfähigkeit), nicht darum, absolut „Recht“ zu haben.

Selbst-Reflexion: Spüre in dich hinein: Welche Rolle nehme ich gerade ein? Welche eigenen Muster aktiviere ich im Gegenüber? Deine Präsenz und dein Fokus verändern das Feld. Nutze diesen Einfluss bewusst.

Rahmen und Macht: Blende Macht, Rollen und Rahmenbedingungen nicht aus. Mache sie transparent. Kommuniziere die Folgen und Einflüsse deiner Perspektive offen. Das ist die Eleganz der Kybernetik 2. Ordnung.

Der Körper ist eine zentrale Informationsquelle – ein somatischer Anker für Stimmigkeit. Körperreaktionen (Atmung, Spannung, „Bauchgefühl“) sind keine Störfaktoren, sondern **Wegweiser**. Die Ganzheit umfasst Kopf, Herz, Körper, Beziehung und Kontext.

In den Körper lauschen: Nimm dir im Alltag kurze Momente, um in deine somatischen Marker hineinzulauschen. Was sagt dir dein Körper, wenn du eine Entscheidung triffst? Ist es **stimmig**? Erlaube deinem Körper, Co-Entscheider zu sein.

Körper als Resonanzraum: Achte auf nonverbale Signale und deine eigene körperliche Resonanz im Kontakt. Manchmal sagt der Körper des Gegenübers (und dein eigener) mehr als tausend Worte. Nutze dieses Wissen achtsam und nicht interpretierend.

Prozesshaftigkeit: Alles ist im Fluss

Die hypnosystemische Haltung ist keine statische Insel, sondern ein lebendiges, sich ständig wandelndes Flusssystem. Nichts ist fertig, alles ist in Entwicklung.

Abschluss: Eine Einladung zum Dialog

Diese Landkarte ist ein Spiegel, kein Urteil. Sie soll inspirieren und daran erinnern, dass die hypnosystemische Haltung eine **lebendige Praxis** ist – mit dir selbst, mit deinen Klienten und im gesamten Netzwerk.

Leichtigkeit ohne Verflachung, Tiefe ohne Schwere.

Wir laden dich ein, diese Haltungen im Austausch und im Dialog mit anderen Netzwerk-Mitgliedern weiter zu erkunden. **Humor** und ein liebevolles Augenzwinkern dürfen dabei nicht fehlen.